Passive Rechnungsabgrenzung

Aktuelles

Jahressteuergesetz 2022 - Wahlrecht zum Verzicht zur Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten
Der Bundestag hat am 2. Dezember 2022 den Entwurf der Bundesregierung für ein Jahressteuergesetz 2022 gebilligt. Das Gesetz wurde in dritter Beratung in der vom Finanzausschuss geänderten Fassung angenommen. Der Bundesrat hat in seiner 1029. Sitzung am 16. Dezember 2022 dem Jahressteuergesetz 2022 zugestimmt.
Das Jahressteuergesetz 2022 wurde am 20.12.2022 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.
Dort ist auch ein Wahlrecht zum Verzicht zur Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten enthalten.

Grundsätzliches

Der Jahresabschluss hat die Aufgabe, einen periodengerechten Jahreserfolg zu ermitteln. Dazu müssen die Aufwendungen und Erträge dem Geschäftsjahr zugeordnet werden, zu dem sie wirtschaftlich gehören (unabhängig vom Zeitpunkt der Zahlung).

Der § 250 HGB legt fest:

(1) Als Rechnungsabgrenzungsposten sind auf der Aktivseite Ausgaben vor dem Abschlußstichtag auszuweisen, soweit sie Aufwand für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen.
(2) Auf der Passivseite sind als Rechnungsabgrenzungsposten Einnahmen vor dem Abschlußstichtag auszuweisen, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen.
(3) Ist der Erfüllungsbetrag einer Verbindlichkeit höher als der Ausgabebetrag, so darf der Unterschiedsbetrag in den Rechnungsabgrenzungsposten auf der Aktivseite aufgenommen werden. Der Unterschiedsbetrag ist durch planmäßige jährliche Abschreibungen zu tilgen, die auf die gesamte Laufzeit der Verbindlichkeit verteilt werden können.

Der § 252 Abs. 1 Nr. 5 HGB legt fest:

Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahrs sind unabhängig von den Zeitpunkten der entsprechenden Zahlungen im Jahresabschluß zu berücksichtigen.

Der § 5 Abs. 5 EStG legt fest:

Als Rechnungsabgrenzungsposten sind nur anzusetzen
  1. auf der Aktivseite Ausgaben vor dem Abschlussstichtag, soweit sie Aufwand für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen;
  2. auf der Passivseite Einnahmen vor dem Abschlussstichtag, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen.
Der Ansatz eines Rechnungsabgrenzungspostens kann unterbleiben, wenn die jeweilige Ausgabe oder Einnahme im Sinne des Satzes 1 den Betrag des § 6 Absatz 2 Satz 1 nicht übersteigt; das Wahlrecht ist einheitlich für alle Ausgaben und Einnahmen im Sinne des Satzes 1 auszuüben. Auf der Aktivseite sind ferner anzusetzen
  1. als Aufwand berücksichtigte Zölle und Verbrauchsteuern, soweit sie auf am Abschlussstichtag auszuweisende Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens entfallen,
  2. als Aufwand berücksichtigte Umsatzsteuer auf am Abschlussstichtag auszuweisende Anzahlungen.

Mit dem Jahressteuergesetz 2022 wurde ein Wahlrecht zum Verzicht zur Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten geschaffen.
Nach § 5 Absatz 5 Satz 1 EStG wird folgender Satz eingefügt:

Der Ansatz eines Rechnungsabgrenzungspostens kann unterbleiben, wenn die jeweilige Ausgabe oder Einnahme im Sinne des Satzes 1 den Betrag des § 6 Absatz 2 Satz 1 nicht übersteigt; das Wahlrecht ist einheitlich für alle Ausgaben und Einnahmen im Sinne des Satzes 1 auszuüben.

Im § 52 Absatz 9 EStG wird festgelegt, dass die Regelung erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden ist, die nach dem 31. Dezember 2021 enden.

Damit muss ein Rechnungsabgrenzungsposten nur noch dann gebildet werden, wenn die einzelne Ausgabe oder Einnahme den Betrag für geringwertige Wirtschaftsgüter übersteigt (Betrag des § 6 Absatz 2 Satz 1 EStG; 800 Euro ab 01.01.2018).

Übersicht Jahresabgrenzung (zeitliche Abgrenzung)

Die Passive Rechnungsabgrenzung ist hervorgehoben.

Charakteristik der Abgrenzung Konto Altes Geschäfts­jahr Neues Geschäfts­jahr Erläuterung
Echte Abgrenzungen (§ 250 HGB)
Transitorische Posten (hinüber­reichend)
Der erfolgs­wirksame Betrag wird mit Hilfe der Bilanz ins neue Jahr genommen.
Die Zahlung erfolgt im alten Jahr.
Aktive Rechnungs­abgrenzung (ARA) Ausgabe Aufwand Ausgaben vor dem Abschluss­stichtag, die Aufwand für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen (§ 5 Abs. 5 Nr. 1 EStG).
Im Voraus bezahlter Aufwand.
Passive Rechnungs­abgrenzung (PRA) Einnahme Ertrag Einnahmen vor dem Abschluss­stichtag, die Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen (§ 5 Abs. 5 Nr. 2 EStG).
Im Voraus erhaltener Ertrag.
Abgrenzungen im weiteren Sinne
Antizipative Posten (vorweg­nehmend)
Der erfolgs­wirksame Vorgang wird vor dem Zahlungs­zeitpunkt berücksichtigt.
Die Zahlung erfolgt im neuen Jahr.
Sonstige Forderungen Ertrag Einnahme Erträge die ins Abschlussjahr gehören, als Einnahmen aber erst im Folgejahr anfallen.
Noch zu erhaltender Ertrag.
Sonstige Verbindlich­keiten Aufwand Ausgabe Aufwendungen die ins Abschlussjahr gehören, als Ausgaben aber erst im Folgejahr anfallen.
Noch zu zahlender Aufwand.

Passive Rechnungsabgrenzungsposten dienen damit der Periodenabgrenzung von Einnahmen im aktuellen Jahr und Erträgen im Folgejahr. Passive Rechnungsabgrenzungsposten verkörpern damit noch ausstehende Verpflichtungen.

Beispiele für die Passive Rechnungsabgrenzung

  • im Voraus erhaltene Miete
  • im Voraus erhaltene Zinsen
  • im Voraus erhaltene Provisionen

Passive Rechnungsabgrenzung buchen

Die Periodenabgrenzungen können zum Abschlussstichtag oder bei der Erfassung der Einnahmen (Zahlungszeitpunkt) erfolgen.

Bildung der passiven Rechnungsabgrenzung im Zahlungszeitpunkt Bildung der passiven Rechnungsabgrenzung am Jahresende
Buchungssatz:
Bank (Gesamtbetrag)
an Ertragskonto (Betrag altes Jahr)
an Passive Rechnungsabgrenzung (Betrag neues Jahr)
Im Zahlungszeitpunkt wurde Ertrag gebucht. Der Teil, der das neue Jahr betrifft, wird abgegrenzt.
Buchungssatz:
Ertragskonto an Passive Rechnungsabgrenzung

Zu Beginn des neuen Geschäftsjahres ist die Passive Rechnungsabgrenzung wieder aufzulösen.
Buchungssatz: Passive Rechnungsabgrenzung an Ertragskonto

Beispiel:
Wir vermieten einen Teil unseres Bürogebäudes an eine andere Firma. Die Firma muss 1.000 € pro Monat an uns zahlen.
Die Büromiete ist für zwei Monate im Voraus zu überweisen
Buchung am 01.12. für Dezember und Januar

Variante 1:
Bildung der passiven Rechnungsabgrenzung im Zahlungszeitpunkt
Buchungssatz
Bank 2.000 € (Gesamtbetrag)
an Mieterträge 1.000 € (Betrag für Dezember)
an Passive Rechnungsabgrenzung 1.000 € (Betrag für Januar)

Variante 2:
Bildung der passiven Rechnungsabgrenzung am Jahresende
Buchungssatz im Zahlungszeitpunkt
Bank 2.000 € an Mieterträge 2.000 € (Gesamtbetrag)
Buchungssatz am Jahresende
Mieterträge 1.000 € an Passive Rechnungsabgrenzung 1.000 €

Beide Varianten führen zum gleichen Ergebnis:
Mieterträge im alten Jahr 1.000 €
Zahlungseingang Bankkonto 2.000 €
Passive Rechnungsabgrenzung 1.000 €

Zu Beginn des neuen Geschäftsjahres ist die Passive Rechnungsabgrenzung wieder aufzulösen.
Buchungssatz:
Passive Rechnungsabgrenzung 1.000 € an Mieterträge 1.000 €
Der im alten Jahr im Voraus erhaltene Ertrag, wurde mit Hilfe der Bilanz ins neue Jahr genommen.
Mieterträge im neuen Jahr 1.000 €
Das Konto Passive Rechnungsabgrenzung ist ausgeglichen.

Die Passive Rechnungsabgrenzung ist ihrem Wesen nach eine Leistungsverbindlichkeit. So begründet die erhaltene Mietvorauszahlung aus dem obigen Beispiel eine Verpflichtung auf weitere Überlassung der gemieteten Räume im neuen Geschäftsjahr.

Entscheidungen des Bundesfinanzhofs

Urteil vom 19.9.2012, IV R 45/09
Frisör-Gutscheine: Keine Verbindlichkeiten oder Rückstellungen im Ausgabejahr - Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen § 104 Abs. 2 FGO - Keine Erhebung von Kosten einer Beweisaufnahme
Leitsätze:

Wegen der Ausgabe von Gutscheinen, die einen Anspruch auf Preisermäßigung von Frisör-Dienstleistungen im Folgejahr gewähren, sind im Ausgabejahr weder Verbindlichkeiten noch Rückstellungen zu bilanzieren.

Auszug aus den Entscheidungsgründen:

Eine Berücksichtigung der streitigen Beträge als passive Rechnungsabgrenzungsposten kommt ebenfalls nicht in Betracht (anderer Ansicht Krüger, Deutsches Steuerrecht 2011, 1095). Nach § 250 Abs. 2 HGB i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG sind auf der Passivseite als Rechnungsabgrenzungsposten Einnahmen vor dem Abschlussstichtag auszuweisen, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen. Diese Voraussetzungen sind im Jahr der Gutscheinausgabe nicht erfüllt. Die Kunden haben den "normalen" Preis für die in Anspruch genommenen Dienstleistungen bezahlt. Sie erhielten die Gutscheine von der GmbH als Zugabe. Das entsprach auch dem Verständnis der GmbH, die die Gutscheine ausdrücklich als Weihnachtsgeschenk und Dankeschön für die Treue der Kunden ausgegeben hat. Damit lässt sich nicht vereinbaren, einen Teil des Entgelts für die im Ausgabejahr bezogene Dienstleistung dem Gutschein bzw. einer im begünstigten Zeitraum des Folgejahres in Anspruch genommenen Dienstleistung zuzuordnen.

Urteil vom 25. April 2018, VI R 51/16
Auflösung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens bei Betriebsaufgabe
Leitsätze:

Ein wegen eines Zinszuschusses gebildeter passiver Rechnungsabgrenzungsposten ist im Rahmen einer Betriebsaufgabe zu Gunsten des Aufgabegewinns aufzulösen, wenn das dem Zinszuschuss zugrundeliegende Darlehen fortgeführt wird.

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