Die Umsatzsteuer-Nachschau nach § 27b UStG

Aktuelles

Mit Inkrafttreten des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 darf der Prüfer des Finanzamts, der unangekündigt im Rahmen einer Umsatzsteuer-Nachschau vor der Tür steht, einen digitalen Datenzugriff verlangen. Das war ihm bisher versagt.

Grundsätze

Zur Vermeidung der Inanspruchnahme erheblicher ungerechtfertigter Steuervorteile oder zur Beschleunigung des Verfahrens hat die Finanzbehörde folgende Mittel:

  • die Einnahme des Augenscheins (§ 98 AO) oder
  • die Durchführung einer Umsatzsteuer-Nachschau (§ 27b UStG).

Die Umsatzsteuer-Nachschau wurde mit dem Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz zum 01.01.2002 ins Umsatzsteuerrecht eingefügt.

Der § 27b UStG (Umsatzsteuergesetz) schreibt vor:

(1) Zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung der Umsatzsteuer können die damit betrauten Amtsträger der Finanzbehörde ohne vorherige Ankündigung und außerhalb einer Außenprüfung Grundstücke und Räume von Personen, die eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausüben, während der Geschäfts- und Arbeitszeiten betreten, um Sachverhalte festzustellen, die für die Besteuerung erheblich sein können (Umsatzsteuer-Nachschau). Wohnräume dürfen gegen den Willen des Inhabers nur zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung betreten werden.
(2) Soweit dies zur Feststellung einer steuerlichen Erheblichkeit zweckdienlich ist, haben die von der Umsatzsteuer-Nachschau betroffenen Personen den damit betrauten Amtsträgern auf Verlangen Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Urkunden über die der Umsatzsteuer-Nachschau unterliegenden Sachverhalte vorzulegen und Auskünfte zu erteilen. Wurden die in Satz 1 genannten Unterlagen mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt, können die mit der Umsatzsteuer-Nachschau betrauten Amtsträger auf Verlangen die gespeicherten Daten über die der Umsatzsteuer-Nachschau unterliegenden Sachverhalte einsehen und soweit erforderlich hierfür das Datenverarbeitungssystem nutzen. Dies gilt auch für elektronische Rechnungen nach § 14 Absatz 1 Satz 8.
(3) Wenn die bei der Umsatzsteuer-Nachschau getroffenen Feststellungen hierzu Anlass geben, kann ohne vorherige Prüfungsanordnung (§ 196 der Abgabenordnung) zu einer Außenprüfung nach § 193 der Abgabenordnung übergegangen werden. Auf den Übergang zur Außenprüfung wird schriftlich hingewiesen.
(4) Werden anlässlich der Umsatzsteuer-Nachschau Verhältnisse festgestellt, die für die Festsetzung und Erhebung anderer Steuern als der Umsatzsteuer erheblich sein können, so ist die Auswertung der Feststellungen insoweit zulässig, als ihre Kenntnis für die Besteuerung der in Absatz 1 genannten Personen oder anderer Personen von Bedeutung sein kann.

Im Rahmen einer Umsatzsteuer-Nachschau ist der Prüfer nicht berechtigt, private Wohnräume gegen den Willen des Unternehmers zu betreten.

Der Abschnitt 27b.1. Abs. 5 des Umsatzsteuer-Anwendungserlass enthält:

Im Rahmen der Umsatzsteuer-Nachschau dürfen grundsätzlich nur Grundstücke und Räume betreten werden, die gewerblich oder beruflich selbständig genutzt werden; unschädlich ist, wenn sie auch zu Wohnzwecken genutzt werden. Das Betreten muss dazu dienen, Sachverhalte festzustellen, die für die Umsatzbesteuerung erheblich sein können. Ein Durchsuchungsrecht gewährt die Umsatzsteuer-Nachschau nicht. Das bloße Betreten oder Besichtigen von Grundstücken und Räumen ist noch keine Durchsuchung. Ein Betreten der Grundstücke und Räume ist während der Geschäfts- und Arbeitszeiten zulässig. Die Umsatzsteuer-Nachschau kann auch außerhalb der Geschäftszeiten vorgenommen werden, wenn im Unternehmen schon oder noch gearbeitet wird. Der Unternehmer hat auf Verlangen dem Amtsträger Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Urkunden vorzulegen und Auskünfte zu erteilen. Wurden die der Umsatzsteuer-Nachschau unterliegenden Sachverhalte betreffenden Unterlagen mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt, hat der Unternehmer dem Amtsträger auf Verlangen Einsicht in die gespeicherten Daten zu gewähren (§ 27b Abs. 2 Satz 2 UStG); es reicht nicht aus, wenn der Unternehmer nur entsprechende Papierausdrucke aus dem Datenverarbeitungssystem bereitstellt. Soweit erforderlich, ist der Amtsträger befugt, das Datenverarbeitungssystem des Unternehmers zu nutzen (§ 27b Abs. 2 Satz 3 UStG). Hierbei ist es dem Unternehmer freigestellt, ob er dem Amtsträger einen entsprechenden Lesezugriff einräumt oder ob er selbst bzw. eine von ihm beauftragte Person dafür sorgt, dass der Amtsträger unverzüglich Einsicht in die entsprechenden Daten erhält. Zur Kostentragung durch den Unternehmer gilt § 147 Abs. 6 Satz 3 AO sinngemäß. Kommt der Unternehmer seinen Mitwirkungspflichten im Rahmen der Umsatzsteuer-Nachschau nicht nach, liegt es im Ermessen des Amtsträgers, zu einer Außenprüfung nach § 193 AO überzugehen.

Der Abschnitt 27b.1. Abs. 1 des Umsatzsteuer-Anwendungserlass enthält:

Die Umsatzsteuer-Nachschau ist keine Außenprüfung im Sinne des § 193 AO. Sie ist ein besonderes Verfahren zur zeitnahen Aufklärung möglicher steuererheblicher Sachverhalte. Deshalb gelten die Vorschriften für eine Außenprüfung (§ 193 ff. AO) nicht. Die Umsatzsteuer-Nachschau wird nicht angekündigt.

Eine Umsatzsteuer-Nachschau kann bei einem Unternehmer in dessen Geschäftsräumen ohne einen konkreten Anlass stattfinden. Ein Anlass liegt schon in der unternehmerischen Tätigkeit begründet.

Der Abschnitt 27b.1. Abs. 2 des Umsatzsteuer-Anwendungserlass enthält:

Eine Umsatzsteuer-Nachschau kann insbesondere in folgenden Fällen angezeigt sein:
- Existenzprüfungen bei neu gegründeten Unternehmen;
- Entscheidungen im Zustimmungsverfahren nach § 168 Satz 2 AO;
- Erledigung von Auskunftsersuchen zum Vorsteuerabzug anderer Finanzämter (USt 1 KM);
- Erledigung von Amtshilfeersuchen anderer EU-Mitgliedstaaten.
Mit dem Instrument der Umsatzsteuer-Nachschau sollen umsatzsteuerrechtlich erhebliche Sachverhalte festgestellt werden. Solche Sachverhalte sind zum Beispiel:
- Unternehmerexistenz;
- Vorhandensein von Anlage- und Umlaufvermögen;
- einzelne Eingangs- oder Ausgangsrechnungen;
- einzelne Buchungsvorgänge;
- Verwendungsverhältnisse.

§ 168 AO:

Eine Steueranmeldung steht einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Führt die Steueranmeldung zu einer Herabsetzung der bisher zu entrichtenden Steuer oder zu einer Steuervergütung, so gilt Satz 1 erst, wenn die Finanzbehörde zustimmt. Die Zustimmung bedarf keiner Form.

Damit sind wiederholte Null-Meldungen, hohe steuerfreie Umsätze oder besonders hohe Vorsteuer-Erstattungen (Vorsteuer-Überhang) für die Steuerbehörden ein Anhaltspunkt genauer nachzuschauen.


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